espero – Libertäre Zeitschrift (Neue Folge), Nullnummer, Januar 2020 Herausgegeben von Markus Henning, Jochen Knoblauch, Rolf Raasch und Jochen Schmück. Potsdam: Libertad Verlag, 2020, 93 Seiten, E-Zine (PDF). ISSN (Online): 2700-1598 Download über den roten Download-Button rechts! |
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espero – Neue Folge – knüpft an die Tradition der von 1993 bis 2013 erschienenen Vierteljahresschrift espero an und will dieses bewährte Forum für libertäre Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in neuer und zeitgemäßer Form fortführen. Im Bewusstsein, dass es nicht „den Anarchismus“ geben kann, sondern unzählige Möglichkeiten, Anarchie zu leben und weiterzuentwickeln, vertreten und diskutieren wir einen offenen Anarchismus ohne Adjektive. Wir wollen dabei Gräben zuschütten und nicht aufreißen. Innerhalb unserer Möglichkeiten treten wir für eine herrschaftsfreie und gewaltlose Gesellschaft ein.
In diesem Sinne enthält die vorliegende Nullnummer – wie wir meinen – eine gute Mischung aus Themen und Tendenzen, die gegenwärtig und auch zukünftig noch interessant sein können. Unser Dank gilt allen Autoren, die ihre Beiträge dem Risiko aussetzen, einem Projekt mit ungewisser Zukunft zugearbeitet zu haben. Wir glauben aber, dass ihre Mühe und unsere Beharrlichkeit eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung von espero sind.
Die Herausgeber
in Berlin, Frankfurt am Main und Potsdam | E-Mail: kontakt@edition-espero.de
AUFSÄTZE UND ARTIKEL
- Jochen Knoblauch: Wir sind wieder da! [7]
- Rolf Raasch: Gibt’s was Neues? B. Traven zum 50. Todestag [9]
- Ewgeniy Kasakow: Anarchismus im gegenwärtigen Russland [18]
- Werner Onken: „Es gibt noch keinen Sozialismus auf der Erde.“ Eine Erinnerung an Rudi Dutschke 40 Jahre nach seinem Tod am Heiligabend 1979 [22]
- P. M.: KLIMANOTSTAND. Ein Zwischenbericht [30]
DAS HISTORISCHE DOKUMENT
- Max Nettlau: Anarchismus: Kommunistisch oder individualistisch? Beides. (1914)
Ein Schlüsseldokument des „Anarchismus ohne Adjektive“. Herausgegeben, eingeleitet und aus dem Englischen übersetzt von Jochen Schmück [47]
REZENSIONEN
- Markus Henning: Die subversive Kraft des Lächelns: Rio Reiser und die linksradikale Subkultur [81]
- Markus Henning: „Ihr tragt doch alle Wahrheit wesenhaft in euch!“ Gustav Landauer und Meister Eckharts Anarcho-Messianismus. [84]
- Markus Henning: „Wer schweigt, macht sich mitschuldig.“ Oskar Maria Graf, ein anarchistischer Weltbürger im Exil [87]
PROJEKTVORSTELLUNGEN
- Maurice Schuhmann: Basis für Diskussion und Theorieentwicklung. Eine Bestandsanalyse zum Lexikon der Anarchie [90]
- Jochen Schmück: Die Geschichte der Anarchie. Ein Geschichtsprojekt zum Mitmachen! [93]
Wir sind wieder da!
Von Jochen Knoblauch
Als Uwe Timm und ich uns 1993, nach dem Tod von Kurt Zube, zusammensetzten und überlegten, wie es mit der Mackay-Gesellschaft weitergehen könnte, war uns klar, dass wir in der Tradition der Periodika „Lernziel Anarchie“ und „Zur Sache“, wieder eine kleine Zeitschrift machen wollten, die dem Anarchismus verpflichtet ist, sich aber nicht an den üblichen Grabenkämpfen beteiligen wollte und sollte. Anfangs hatte espero den Untertitel „Mitteilungsblatt der Mackay-Gesellschaft“, aber dies erschien uns selbst als zu eingeschränkt in dem, was wir uns unter Anarchismus vorstellten. Es sollte eine Stimme der Vernunft sein, die Solidarität dort übt, wo sie benötigt wurde, die dort querdenkt, wo andere festgefahren waren. Wir haben nicht damit gerechnet, dass diese kleine Vierteljahresschrift knapp 20 Jahre erscheinen würde.
Jetzt sind es sechs Jahre her, dass wir espero eingestellt haben – damals wegen einer Diskussion um Artikel, die Uwe Timm verteidigte und mir zu weit gingen. Auch einige Leser murrten. Hat also die Offenheit Grenzen? Es ging u.a. um einen AKW-Befürworter, der großkotzig meinte, dass er Atomabfall selbst in seinem Garten vergraben würde, so ungefährlich sei dieser. Haben wir Jahrzehnte zuvor gegen die – völlig unberechenbare – Technologie und deren ungelöstes Abfallproblem gekämpft, um jetzt alles so einfach über Bord zu werfen? Geht es bei der Frage, ob Atomkraft sinnvoll ist, um eine Meinungsäußerung, oder war diese obsolet?
Leider verstarb wenige Monate später Uwe Timm kurz nach seinem 82. Geburtstag am 7. März 2014 in Barcelona. Dies war, trotz alledem, ein herber Verlust für die gesamte libertäre Szene in ganz Deutschland. Mit Uwe Timm verstummte eine ganze Generation von Nachkriegs-Anarchisten, und sein – manchmal recht – unkonventioneller Blick auf die Ereignisse fehlt bis heute. Dieses zweischneidige Schwert der Meinungsfreiheit traf zuletzt bei der Haltung von Uwe Timm zum Klimawandel: Uwes Broschüre „Gegen das Geschäft mit dem Klimawandel ...“ erschien zwar als espero-Sonderheft Nr. 13, wurde aber nicht mehr von mir herausgegeben (wie die anderen Sonderhefte zuvor), sondern von Dietrich Eckhardt, und rückte Uwe Timm in die Nähe der Leugner eines von Menschen gemachten Klimawandels. Uwes Kritik, dass der Staat mit dem Klimawandel ein Geschäft machen würde und damit neue Steuereinnahmen generiere, ist durchaus teilbar, dass manches in Hysterie ausartet, ist sicher nachvollziehbar, aber letztendlich geht es darum, dass unsere Umwelt im Kapitalismus einer nicht hinzunehmenden Ausbeutung unterliegt und wir die Pflicht haben, für nachkommende Generationen einen Planeten zu hinterlassen, der nicht gnadenlos ausgeplündert wurde. Dies gilt es bis in die heutigen Tage im Blick zu behalten. Deshalb können für mich Atomkraftfreund*innen und Klimaleugner*innen zwar ihre Meinungen haben, aber die sind für mich in den Diskussionen um eine emanzipatorische und gewaltfreie Gesellschaft irrelevant, und gehören somit – für mein Verständnis einer libertären Publikation – nicht in unsere Zeitschrift.
Wie auch immer, Uwe Timms Meinung zu den zahlreichen Problemen der letzten Jahre, fehlen mir sehr. Und deshalb hoffe ich auch, dass dieser Neustart der espero in seinem Sinne ein doch recht offenes Medium bleibt. Über den Gendergap werden wir auch nicht streiten, wenn ein Autor oder eine Autorin meint, die Hälfte der Menschheit ignorieren zu müssen oder zu können, so haben sie dies selbst zu verantworten, ebenso wie der Streit um eine alte oder neue Rechtschreibung. Als Forum wollen wir Ideen austauschen und diskutieren, die uns in der Entwicklung zu einer gewalt- und herrschaftsfreien Gesellschaft weiter vorantreiben. Dies wäre mein Wunsch an die neue espero.